blog 17 / tag 17: mit tony soprano in bad rothenfelde
- sven söhnchen
- 20. Juni 2024
- 2 Min. Lesezeit

Blog 17
Tag 17
Es fehlte nicht viel und wenigstens ein Viertel der Kurgäste hätten heute Spalier gestanden - als Tisch-38-Conny die Einrichtung verliess. Hätte man in einer solchen Einrichtung eine Art Sprecherfunktion zu wählen gehabt, so wäre in den vergangenen Wochen die Wahl-Hamburgerin sicherlich um ein Ehrenamt reicher gewesen. Es gibt einfach sympathische Menschen, die einem so eine besondere Zeit bereichern. Nicht nur Tisch 38 wird die engagierte Kodderklappe vermissen.
Ihre Abreise bedeutet natürlich auch, dass Conny den Job als Robben-Maskottchen der Kurklinik nicht erhalten hat.
Zum Mittag war dann somit die zweite Besetzungsrunde von Tisch 38 komplett. Es ist fast wie die Ein- und Auswechslungen bei der aktuellen Fussballeuropameisterschaft. Wir speisen auch zukünftig in zwei, sich gegenübersitzenden, Dreierreihen. Wer auch immer hier die Tischbesetzungsvorgaben macht, tauschte für meine persönliche Restzeit folgendermassen aus:
Christian - Astrid
Petra - Michael
Alex - Axel
Conny - Nico
Cethlen und ich bleiben auf unseren Plätzen und werden innerhalb der kommenden zwei Wochen ausgewechselt.
Mir steht nunmehr als Tischältestem (nur von der Anwesenheit...) das mittägliche Tischgebet zu.
Mein Therapieplan beginnt heute erst um 08:45 Uhr. Zwar habe ich schmerzfreier geschlafen, da ich aber dennoch früh die heimische Tageszeitung las, nahm ich mir die Zeit, um vor dem Frühstück bereits etwas in der klinikeigenen Muckibude aktiv zu sein.
30 Minuten Crosstrainer ab 07:45 Uhr.
Mache mir mittlerweile selber Angst und hoffe, dass sich solche Angewohnheiten nicht ernsthaft verfestigen.
Nach dem Frühstück und der Conny-Verabschiedung gibt es in der Bezugsgruppe eine Einheit zur Thematik der emotionalen Nahrungsaufnahme. Bei mir ist diese Art von Frustfressen eigentlich kein Thema - emotional ist es nur, wenn mich der Kumpel Jörg mittags anruft und fragt, ob man eine Mittagspause bei der Frittenbude des Vertrauens verbringen möchte. Diese Freundschaftsmahle eskalieren oftmals und fühlen sich anschliessend an, wie ein Vollbad im Frittierfett.
Es folgt der wiederholte Anruf zur Terminvorziehung der Oberarztvisite. Heute ist, andersrum zur Vorwoche, die charmante Assistenzärztin nicht anwesend. Ihr Vorgesetzter ist mit meinen Werten allerdings zufrieden. Wir belassen den Medispiegel und ich erhalte ein Gespräch mit den Physiologen des Hauses - um sich meiner Schmerzen in den Beinen und Rücken anzunehmen.
Zudem treffe ich eine erste Entscheidung für die Rückkehr in das Alltagsleben: Gruppensport wird es zukünftig für mich in der Heimatstadt nicht geben. Daher nehmen wir den Sporthallengruppensport direkt aus dem hiesigen Therapieplan.
Somit habe ich umgehend bis zum Mittag frei - und nutze die geschenkte Zeit für einen längeren Spaziergang.
Vom Kollegen Soprano sehe ich im Tagesverlauf eher wenig. Wahrscheinlich ist er den ganzen Tag in seinem neuen Job vertieft und freundet sich mit dem Pool an. Da muss es allerdings einige zwischenmenschliche Probleme mit einem neuen Kurgast gegeben haben. Als ich am späten Nachmittag erneut einen Kaffee auf der Caféterrasse trinke, erzählt ein Teilnehmer meiner Gruppe, von einem Zitat, welches im Fitnessbereich die Runde machte. Bei "Bau einmal Scheisse und Du verlierst zwei Zähne!"“, soll es sich anscheinend, nach der Aussage eines Schwimmmeisters (der nur gebrochenes Deutsch sprechen soll) um ein italienisches Sprichwort handeln. Es ist die Soprano-Variante von dem Freibadbademeisterzitat „"Mit der Pommes vom Beckenrand!"“.
Wahrscheinlich ist man in New Jersey einfach direkter. Ein herzlicher Menschenschlag.